König Hans liebt die Musik.
Mein erstes Stück“, sagt König Hans, genannt der Glückliche, „komponierte ich mit fünf Jahren. Es war im Kindergarten und ich hatte vier etwa gleichaltrige Freunde zur Uraufführung eingeladen. Aus der Küche der frommen Einrichtung entwendete ich fünf Gläser und eine Flasche Limonade. Dieses Getränk war selbst für die damalige Mode sehr süß, heute würde ich so etwas Klebriges sicher nicht mehr trinken. Die gestohlene Limonade wurde gerecht geteilt und im Bewusstsein der verbotenen Aneignung hastig getrunken. Dann fing ich mit den Gläsern einige Insekten, was nicht lange dauerte, da die süßen Reste die Tiere regelrecht anlockten. Zwei wunderschöne, dicke Schmeißfliegen, deren Körper grünlich golden schimmerten, eine aufgeregte Wespe, eine eher träge Hummel und eine kleine Grille von grüner Farbe, möglicherweise ein Heimchen.
Jedes Tier kam in Einzelhaft in eins der Gläser, die ich oben mit Bierdeckeln verschloss. Ein seltsames Hobby, aber als kleiner Knabe zog ich zu jener Zeit von einer Kneipe in die andere und ließ mir Bierdeckel geben. Außerdem flogen sie ganz gut wie kleine fliegende Untertassen durch die Luft, wenn man sie zwischen Mittel− und Zeigefinger nahm und wegschleuderte.
Dann rückte ich die Gläser in eine Reihe und schlug mit einem kleinen Stöckchen dagegen. Mal oben auf den Deckel des Glases mit der Wespe, dann direkt gegen das hell klingende Glas mit der Hummel oder das Stöckchen klopfte zwischen den beiden Gefäßen mit den Fliegen. Auf diese Weise machte ich die Tiere wütend, die aufgeregt in ihren Tonlagen hin und her brummten und summten, gegen das Glas oder die Deckel stießen. Ihre natürlichen Geräusche wurden durch die Gläser verstärkt, durch die Bierdeckel wieder etwas gedämpft, alles in allem eine schöne Kammermusik, aufzuführen unter freiem Himmel.
Nur die Grille wollte nicht so recht, wogegen die träge Hummel – einmal in Fahrt – ganz ordentliche Töne beisteuerte.
Es gab nur diese eine Aufführung, die von meinen Kameraden jedoch nicht recht verstanden wurde, obwohl sie doch alles enthielt, was gute Musik auszeichnet: eine klar gegliederte Struktur, die dennoch genug Raum für Spontanität und Improvisation bot, überraschende Momente, wie sie etwa durch die Hummel zustande kamen, und eine gewisse Virtuosität von zumindest einigen der Beteiligten. Hier müssen natürlich besonders die Schmeißfliegen erwähnt werden.
Wenngleich auch meine jungen Freunde das Ganze eher für eine Art zirzensischer Kleintiervorführung hielten, gehört es doch für mich zu jenen raren Fällen von Musik, die von einem gewissen Glücksgefühl durchdrungen sind.“