„Es wird Frühling!“...
... würde die Prinzessin begeistert ausrufen – und er, König Hans, genannt der Glückliche, würde nichts dagegen tun können.
Nicht hier, viele Stunden entfernt, in der fremden Kleinstadt, mitten in der Nacht im Bahnhof und der letzte Zug war gerade abgefahren – ohne ihn.
Er wusste, sie würde Türen und Fenster aufreißen um den Frühling in den Palast zu lassen und sie würde die Schränke leer räumen, das Geschirr nach draußen schleppen auf die große Terrasse und dort in der kommenden Morgensonne Berge von Tellern, Terrinen, Töpfen und Tassen aufeinanderschichten, das Besteck ausbreiten, die Pfannen und Kasserollen in die Bäume hängen und Tabletts voller Schüsseln, Gläser und Etageren neben die noch kahlen Büsche schichten.
Dann würde sie aus tausenden mehr als mannshohen Bücherstapeln ein fein verzweigtes Labyrinth errichten, das durch den ganzen Schlosspark wuchern würde. Am schwierigsten gestaltete sich aber immer das Auslegen der Teppiche, Orientbrücken und Läufer. Übrig blieben dann Berge von Wäsche, Decken, Laken und Tücher, Anzüge, Hemden, Kleider, Röcke und Blusen, Mäntel, Mützen und Schuhe, für die sie keinen geeigneten Platz mehr finden würde, so dass sie, zu einigen ungeordneten Haufen zusammengeworfen, den Zugang zu den Ställen erheblich erschweren würden.
Die Vorräte, das Obst, das Eingelegte, die Marmeladengläser, alle Brotlaibe, alle Konserven, Körbe voller Gemüse, Wannen voller Fleisch und Fisch, der Käse, die Würste, der Senf und seine Meerrettich−Sammlung würden rasch Abnehmer finden. Nur die Getränkekisten und die staubigen Weinflaschen aus dem Keller würde sie wieder einmal vergessen.
Zum Schluss müssten die Möbel dran glauben, die Tische, die Betten, die Couch, die Liege, das Sofa, die Sessel und Stühle sowie die Schränke – sorgfältig in ihre Einzelteile zerlegt. Er hatte schon Jahre erlebt, da hatte sie auch die Kronleuchter abmontiert und den Klempner beauftragt alle Waschbecken, Toilettenschüsseln, Bidets und Badewannen loszuschrauben und nach draußen in die Sonne zu bringen. Man sollte die Energie der ersten Frühlingsstrahlen nicht unterschätzen, im letzten Jahr hatten sich seine Vinylplatten zu eigenartigen Gebilden verformt, hübsch anzusehen, und das Geheimnis ihrer Musik für immer in ihnen eingeschmolzen. Damals hatte sie auch seinen Humidor vor die Tür geschleppt und geöffnet, die Coronnas hatten sich schon kurz darauf selbst entzündet und der so entstandene Rauch die Freiwillige Feuerwehr alarmiert.
Er würde es nicht verhindern können, dachte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, als er vor Kälte zitternd unter dem sternklaren Himmel vor dem nun verschlossenen Bahnhof stand und noch nicht wusste, wo und wie er die Nacht verbringen würde.